Nachhaltigkeit wird für Unternehmen immer wichtiger
Tipps vom mbw-Veranstaltungsleiter
Nachhaltigkeit wird für Unternehmen immer wichtiger. Dabei gilt es, alle Aktivitäten auf den Prüfstand zu stellen, auch Veranstaltungen. Noch vor wenigen Jahren hat sich kaum jemand Gedanken über den Anreiseweg von Rednern oder den Energieverbrauch vor Ort gemacht. Doch das ändert sich immer mehr. Im Interview mit Janina Singer spricht mbw-Veranstaltungsleiter Alexander Wieser über den Status quo.
Janina Singer: Streaming von Veranstaltungen kam in der Corona-Pandemie vermehrt auf. Damals hat man oft gehört, wie gut das für die Umwelt ist, weil die Teilnehmerinnen und Teilnehmer nicht mehr mit dem Auto oder Flugzeug anreisen müssen. Ist es denn tatsächlich so, dass die Mobilität der größte CO2-Treiber im Eventbereich ist?
Alexander Wieser: Also zunächst mal: Die Möglichkeit des Streamings war während Corona natürlich super. Ich glaube aber, dass der Mensch ein soziales Lebewesen ist und den echten Austausch im realen Leben braucht. Und dieser kommt beim Streaming einfach zu kurz. Man sieht jetzt ja auch, dass es wieder so ein bisschen zurück in Richtung Präsenz geht.
Zur Frage, ob die Anreise der größte CO2--Treiber bei Veranstaltungen ist: Das hängt davon ab, aus welchem Umkreis die Gäste anreisen. Wir haben hier bei uns viele regionale, maximal nationale Kundenkreise. Die Anreise ist also überschaubar und weil wir in der Münchner Innenstadt sind, kommen sowieso viele mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Wenn die Gäste aber europaweit oder sogar international anreisen, dann ist der CO2-Ausstoß durch die Anreise wesentlich höher.
Du selbst stehst also dem Streamen von Veranstaltungen nicht nur positiv gegenüber. Aber bleiben wir trotzdem erstmal auf der positiven Seite: Welche weiteren Vorteile haben denn gestreamte Events im Hinblick auf den Treibhausgasausstoß und die Umweltbelastung?
Neben der Anreise fällt auch die Übernachtung weg. Zudem sind die Räumlichkeiten, die man für eine virtuelle Veranstaltung braucht, kleiner. Und für die Räume braucht es ja auch Energie, etwa in Form von Wärme. Auch drumherum ist der Bedarf bei virtuellen Veranstaltungen wesentlich geringer, etwa im Hinblick auf die Verpflegung und den entstehenden Müll.
Das klingt super, aber wenn man sich ein bisschen auskennt mit Technik, dann weiß man schon, dass auch Streaming nicht so CO2-neutral ist, oder? Was sind denn da die größten Problemstellen?
Das ist ein bisschen wie mit der Elektromobilität. Der Elektromotor stößt zwar keine Treibhausgase aus, aber natürlich muss die Energie, die gebraucht wird, erstmal hergestellt werden.
Auch bei virtuellen Veranstaltungen ist die Frage, wo der Strom herkommt. Ist es wirklich Ökostrom? Auch die Herstellung von Computern, Akkus und Batterien spielt eine Rolle. Dazu kommt: Wenn man Bild und Ton streamt, legt man diese Daten auf einem Server ab. Da steht also eine riesige Serverlandschaft, die gekühlt werden muss. Das verbraucht auch wieder extra Strom.
Also ganz CO2-frei geht es wahrscheinlich einfach nicht. Aber du als Veranstaltungschef hier bei der mbw, hast bestimmt ein paar Ideen und Tipps, wie man die CO2-Bilanz von gestreamten Veranstaltungen verbessern kann, oder?
Da würde ich mich an dem Spruch orientieren: So viel Technik und Personal wie notwendig und so wenig Personal und Technik wie möglich. Man kann natürlich auch virtuelle Veranstaltungen sehr aufbauschen, mit viel Technik, mit viel Personal. Man kann es aber auch versuchen, sparsam zu machen und nur das Nötigste einzusetzen, was dann auch wieder die CO2-Bilanz verbessert.
Es gibt heute nicht nur „Präsenz“ oder „Virtuell“, sondern auch viele hybride Veranstaltungen. Die vereinen die Vorteile beider Formate, aber auch die Nachteile im Hinblick auf die CO2-Bilanz, oder?
Meiner Meinung nach ist, wenn man rein die CO2-Bilanz betrachtet, die hybride Veranstaltung die schlechteste Lösung. Einerseits braucht man große Räume für die Präsenzgäste und muss viel Catering organisieren, andererseits braucht man auch die Technik für das Streaming.
Und es ist für den Kunden extrem schlecht kalkulierbar. Wir hören von unseren Kunden immer wieder, dass sich Gäste für die Präsenzteilnahme anmelden, es sich dann aber doch anders überlegen und im Stream zuschauen. Dann ist aber schon das ganze Catering bestellt und der große Raum gebucht.
Allerdings bieten hybride Veranstaltungen natürlich auch enorm viele Möglichkeiten.
Wie kann man das Problem zumindest ein bisschen abmildern?
Ich denke, es ist wichtig, das richtig zu vermarkten. Ziel sollte sein, dass die Präsenzgäste, die aus der Region kommen, auch wirklich in Präsenz teilnehmen und Gäste, die weiter entfernt wohnen, im Stream. Damit würde man auch eine gute Kalkulationsbasis für das Catering schaffen, sodass man nicht umsonst Essen bestellt, welches am Ende im Müll landet.
Unternehmen müssen ja mittlerweile ihre CO2-Bilanz sehr genau im Blick haben. Ist das deshalb inzwischen auch ein Thema in der Kundenberatung für Veranstaltungen?
Bis jetzt habe ich diese Anfragen von Kunden noch nicht gehabt. Ich bin sehr gespannt, wie sich das in Zukunft weiterentwickelt. Wir versuchen natürlich, die Kunden zu beraten und wenn mich ein Kunde nach meiner Meinung zur CO2-Bilanz fragt, dann wird er die von mir auch bekommen.
Du hast mal von einem CO2-Rechner erzählt, den man für Veranstaltungen nutzen kann. Was ist das für ein Rechner und wie funktioniert der?
Es gibt im Internet verschiedene CO2-Rechner, gerade auch für den Veranstaltungsbereich. Zum Beispiel vom Umweltbundesamt. Ich muss dazu sagen, dass ich bei keinem der Rechner die Algorithmen kenne, die dahinterstecken. Ich selbst finde den CO2-Rechner gut, der auf der Plattform unseres Dienstleisters InterMedia Solutions angeboten wird, denn der visualisiert das Ergebnis sehr schön.
Man kann dort eingeben, wie viele Teilnehmer kommen und aus welchem Umkreis sie kommen und wie lange die Veranstaltung dauert. Beispiel: Bei einer eintägigen Veranstaltung mit 100 Teilnehmern aus der Region würde man bei einer rein virtuellen Veranstaltung, im Vergleich zur Präsenz-Veranstaltung, drei Tonnen CO2 einsparen. Laut dem Rechner entspräche das ungefähr 23 Flügen von München nach Berlin.
Momentan ist also das Thema CO2-Bilanz für Veranstaltungen noch nicht so ausschlaggebend. Glaubst du, das wird sich in Zukunft ändern?
Also ich glaube, es wird mehr werden und im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit sieht man das auch schon. Damals hatte man oft Veranstaltungen, für die ein Referent extra für einen einstündigen Vortrag aus den USA angereist ist. Was im Sinne des CO2-Ausstoßes ein Wahnsinn ist. Heute ist es für keinen Referenten und keine Location mehr ein Problem, Redner einfach aus den USA zuzuschalten. Wobei wir das auch schon vorher gemacht haben.
Dadurch ist auch die Verfügbarkeit von hochkarätigen Rednern wesentlich einfacher als vor Corona und das spart auch CO2 ein.