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Menschen in dem stärken, was sie auszeichnet

Judith Brenneis über ihren Weg zur Trainerin und die Bedeutung von Authentizität.

Judith Brenneis ist Moderatorin und Trainerin und außerdem Gesundheitsexpertin. Die ehemalige Siebenkämpferin sagt über sich selbst: „Hürden nehme ich sportlich“. Über ihren Werdegang und ihren Coaching-Ansatz hat sie im Interview mit mbw-Redakteurin Janina Singer gesprochen.

Janina Singer: Judith, du strahlst immer so. Es sieht so aus, als ob du wirklich liebst, was du tust. Ist das so?

Judith Brenneis: Und wie! Ich strahle, wenn ich in meiner Balance bin. Und ich bin in meiner Balance, wenn ich mit anderen Menschen arbeite, wenn ich diese zum Glänzen und Strahlen bringe und meine Leidenschaft für die Bühne und für die Kommunikation transportieren kann.

Du bist gelernte Physiotherapeutin und Gesundheitswissenschaftlerin und arbeitest auch im Bereich betriebliches Gesundheitsmanagement. Kommt dieses Interesse an Gesundheitsthemen daher, dass du in deiner Jugend Siebenkämpferin warst?

Ja, ganz genau. Das hat mich tatsächlich auch veranlasst, zunächst die Ausbildung zur Physiotherapeutin zu machen, weil ich mir als Siebenkämpferin in meinem besten Jahr eine Woche vor den Deutschen Meisterschaften mein Knie zerstört habe. Damit war von einem Moment auf den anderen alles anders und ich wurde wieder fit gemacht von Physiotherapeuten. Das hat mich so fasziniert, dass ich gedacht habe, das ist der Job für mich. War er aber nicht. Ich habe es zwar trotzdem durchgezogen, aber ich habe gemerkt, dass ich lieber präventiv mit Menschen arbeite.

Diese Verletzung hat deine Karriere als Sportlerin aber beendet, oder?

Ja, letztlich. Natürlich versucht man da noch mal anzudocken. Aber das Körpergedächtnis ist so übermächtig stark, und die schwere Verletzung ist passiert im Moment des Abwurfs, wo die volle Last auf dem linken Bein sein muss. Da konnte ich dann nie mehr so voll reingehen. Ich habe immer mein Bein entlastet und weggezogen. Und dann kann man natürlich keine volle Leistung bringen. Damit war dann schon das übergeordnete Ziel, ganz groß rauszukommen, leider gestorben.

Inzwischen bist du Moderatorin und Trainerin mit einem ganz breiten Portfolio. Kommunikation, Präsentation und Teambuilding zum Beispiel. Wie bist du zu dieser Trainertätigkeit gekommen?

Nach der Ausbildung zur Physiotherapeutin habe ich Gesundheitswissenschaften studiert, aber neben dem Studium schon als Physiotherapeutin gearbeitet. Und ich hatte einen tollen Professor, der Projekte bei DaimlerChrysler hatte. So wurde ich dort Trainerin für Ergonomie-Themen. Da habe ich sehr schnell gemerkt, dass ich vor allen Dingen gerne mit Gruppen arbeite, dass ich Menschen begeistern kann und auch als visueller Typ alles im Blick habe.

Welche Fähigkeiten und Überzeugungen kannst du denn aus deinen Erfahrungen damals und auch deinem Karriereende mitnehmen in deine heutige Arbeit?

Ich merke immer deutlicher, dass ich als Siebenkämpferin in meiner Jugend sehr, sehr fokussiert war. Also im Siebenkampf beginnst du immer mit dem Hürdenlauf. Das war meine Spezialdisziplin. Natürlich verliert man aber auch. Oder es läuft mal nicht so, wie du dir das vorstellst. Dann muss man das, was nicht gut lief, abschütteln und wieder nach vorn blicken. Voll lösungsfokussiert und mit voller Power, mit voller Kraft zur nächsten Disziplin. Das hilft mir auch jetzt in meinem Alltag, auch als Moderatorin. Es passieren immer, wirklich immer unvorhergesehene Dinge. Und ich sage, weil ich ja auch Hürdenläuferin war: Hürden nehme ich sehr sportlich. Ich gehe heutzutage so weit zu sagen, sie machen mir sogar Spaß.

Beim Thema Coaching, sagst du, verfolgst du einen spezifischen Ansatz, der ein bisschen weggeht vom systemischen Coaching. Du willst Menschen dabei unterstützen, sichtbarer zu werden. Was genau meinst du damit?

Ja, genau! Meine Basis ist schon eine systemische Coachingausbildung. Aber mir ist es ganz besonders wichtig, die Menschen darin zu stärken, was sie wirklich auszeichnet. Und an allererster Stelle steht die Authentizität. Wenn ich sichtbar werde, dann bitte nicht irgendeine Rolle einnehmen. Das spüren die Menschen, davon bin ich felsenfest überzeugt. Man punktet in unserer heutigen Zeit damit, Dinge zu bespielen, die real sind, die nicht fiktiv sind, sondern die aufzeigen, wie ich ticke, wer ich bin. Und entweder es passt dann zu potenziellen Auftraggebern oder eben nicht. Und deshalb ist es mein großes Ziel, zu schauen: Wer sitzt da vor mir? Was für ein Menschentyp ist das? Und diese Menschen dann ganz behutsam aus ihrer Komfortzone herauszuholen.

Wie machst du das denn? Zu erkennen, wie und was ein Mensch wirklich ist?

Ich höre zunächst ganz viel zu. Also ich stelle Fragen und nehme über alle Sinne mein Gegenüber wahr. Visuell, über die Sprache, über die Körperhaltung. Und ich hake sehr, sehr gerne nach.

Ich stelle mir das aber auch ein bisschen anstrengend und vielleicht sogar unangenehm vor, die ganze Zeit so beobachtet und ausgelesen zu werden. Wie schaffst du das, dass die Leute sich trotzdem bei dir wohlfühlen?

Also ich stehe, das wird mir immer wieder rückgemeldet, überhaupt nicht für unangenehm. Und ich starre dich ja dann auch nicht an! Ich hinterfrage aber sehr vieles und mache mir auch so meine Notizen und hake dann nach. Alles auf eine wertschätzende und respektvolle Art und Weise.

Aber trotzdem kann das ganz schön hart sein, oder? Wenn man so gespiegelt bekommt, wie man auf andere wirkt und feststellt, dass das nicht dem entspricht, wie man eigentlich dachte, dass man wirkt?

Ja, da hast du völlig recht. Gerade auch bei Kameratrainings wird der Spiegel extrem schnell vorgehalten und da muss ich auch erstmal gar nicht viel sagen. Aber wir arbeiten das dann Schritt für Schritt auf und das stärkend. Ich bin sehr stärkenorientiert. Ich möchte nicht die Schwächen aufzeigen. Wir sind in Deutschland sehr defizitorientiert.

Du beschäftigst dich auch mit dem Thema Joint Generations. Merkst du beim Coaching, dass du mit jüngeren Menschen anders umgehen musst oder kannst als mit etwas älteren Menschen?

Absolut. Mit jungen Menschen müssen wir eine ganz andere Sprache sprechen. Ich sehe mich da als Brückenbauerin zwischen den vielen, vielen Generationen, die wir gerade haben. Und so arbeite ich beispielsweise auch mit Ausbildern, die noch den Babyboomern zuzuordnen sind. Da prallen oft Welten aufeinander in den Unternehmen, weil die nicht mehr die gleiche Sprache sprechen, die Werte sich verändert haben, und ich kann nur immer wieder sagen: Schaut mal, wenn wir jetzt die Jungen wären, wir wären doch auch so! Ich finde immer, es braucht ein Reflektieren und nicht ein Verurteilen.

Ihr Ansprechpartner

Lena Forster
Key Accounting

+49 89 551 78-381
lena.forster@mbw-team.de

Dr. Judith Brenneis

Im Interview

Dr. Judith Brenneis
Moderatorin und Trainerin

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