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Medientraining für Führungskräfte – nichts von der Stange

Experte Markus Sturm über den richtigen Medienauftritt

Markus Sturm ist Fernsehjournalist und Trainer für Führungspersönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Industrie. Seit über 15 Jahren trainiert er Chefs von DAX-Unternehmen oder Verbänden, aus der Politik und der Bundeswehr und er arbeitet auch immer wieder mit der mbw zusammen. Über seine Erfahrungen und seine besten Tipps spricht er im Interview.

Janina Singer: Markus, was ist denn eigentlich Medientraining und warum ist das für Führungskräfte wichtig?

Markus Sturm: Die Führungskräfte heute haben den hohen Mehrwert von Medienarbeit erkannt. Dass Sie ihre eigene Sichtbarkeit und die des Unternehmens fördern, wenn Sie in die Medien gehen und Interviews geben. Aber natürlich gesteuert. Sie treten da ja von 0 auf 100 in meinen Job ein. Wenn ich von 0 auf 100 ihren Job machen müsste, könnten sie wahrscheinlich den Laden zusperren. Wir wissen, dass ein Auftritt in den Medien eine sehr hohe Reichweite hat – für das eigene Unternehmen, die Person und die Botschaften. Allein eine „Tagesschau“ hat klassisch immer noch 5 Millionen Zuschauer. Wenn man sich da im Verhältnis mal das Fußballstadion in München anschaut mit seinen etwa 75.000 Plätzen – da sieht man welch enorme Zielgruppe erreicht wird.

Was sind denn die Inhalte und Ziele eines solchen Trainings? Was vermittelst du?

Ziel ist, dass die Trainingsteilnehmer Handlungssicherheit für alle möglichen Interviewformate erlangen. Egal ob klassisches Interview für Talkshows, Podiumsdiskussionen oder Schaltinterviews. Es kommen aber auch oft Menschen, die schon ein paar Mal Training hatten. Mein Ansatz ist, das Ganze wirklich als Training zu sehen. Ähnlich wie im Fußball: Erfahrene Spieler können natürlich die Ecke oder den Strafstoß. Aber sie trainieren trotzdem. Profis trainieren! Aber eben im geschützten Raum. Hier darf und soll sogar alles passieren. Was ich nicht mache, ist ein Kommunikationsseminar. Sondern ich will möglichst nah an die Realität und die Teilnehmer fordern.

Zum Medientraining gehören sicher ein paar Dinge, die eigentlich für alle gelten. Sowas wie „beim Antworten nicht direkt in die Kamera schauen“ oder „keine zu langen Sätze sprechen“. Trotzdem sagst du immer, es gibt kein Medientraining von der Stange bei dir, das für alle gleich ist, sondern das Training wird individuell zugeschnitten. Warum ist das so wichtig? 

Weil die Führungspersönlichkeiten unterschiedlich sind. Sie sollen auch nicht zum Schauspieler werden oder zum Sprechautomaten, sondern ihre eigene Persönlichkeit mit einbringen. Das macht sie unverwechselbar und sorgt dafür, dass man sich hinterher an sie erinnert. Ich spreche daher im Vorfeld mit den Pressestellen oder der Führungspersönlichkeit selbst darüber, was der Teilnehmer bereits kann und wo seine jeweiligen Probleme und Stärken liegen um zu sehen, wo ich ansetzen muss.

Wir sind ja beide Journalisten, also Berufskollegen. Ich kann nur sagen – mir ging es teilweise schon so, dass ich bei Interviews regelrecht Mitleid hatte, mit dem einen oder anderen Interviewpartner, wenn ich gemerkt habe, dem fällt das grade richtig schwer. Dir als Fernsehjournalist geht das sicher ähnlich – wie viele solcher Erfahrungen hast du schon gemacht und was ziehst du daraus für deine Trainings?

Ja, das stimmt, die Erfahrung habe ich auch schon gemacht. Besonders problematisch wird es, wenn Führungspersönlichkeiten mit auswendig gelernten Kernbotschaften vor die Kamera treten. Das klingt dann natürlich entsprechend. Deshalb nochmal: Wir wollen keine Schauspieler oder Sprechautomaten. Mit der Kamera und dem Licht im Gesicht versuchen manche auch, sehr klares Schriftdeutsch zu sprechen. Da kann ich nur ermutigen: Man muss nicht unbedingt grammatikalisch richtig sprechen.

Ja, solche auswendig gelernten Antworten sind wirklich schrecklich. Was sind denn sonst noch typische Fehler, die Führungskräfte in Interviewsituationen oder im Umgang mit Medien machen?

Es ist wichtig, dass wir keine Politik-, Wirtschafts-, oder Wissenschaftsvertreter brauchen, sondern Erklärer! Wissenschaftler zum Beispiel sprechen in ihrer eigenen Blase oft sehr abstrakt und werden dort auch verstanden. Sie müssen aber wissen, dass sie über die Journalisten an die Öffentlichkeit treten. Da gilt: „Keep it short and simpel aber nicht banal“. Es braucht dafür den Mut, Dinge einfach zu erklären. Ein zweites Problem: Medien haben auch die Aufgabe teilweise kritisch nachzufragen. Man muss den Teilnehmern daher erklären, dass ein Interview kein Dialog ist, sondern sie schon aufpassen müssen. Bei elektronischen Medien kann ja nichts mehr autorisiert werden. Was die Journalisten haben, das haben sie. Daher sollte man vor der Kamera nicht redselig werden.

Mich würde interessieren, wie so ein Training abläuft. Bist du da zum Beispiel in einem Fernsehstudio oder fährst du einfach zu den Chefs in ihr Büro? Wie findet das statt?

Das ist unterschiedlich. Wenn wir beispielsweise Talkshows oder eine Podiumsdiskussion trainieren oder eine Schalte mit Knopf im Ohr, dann empfehle ich ein Studio. Da seid ihr bei der mbw ja perfekt ausgerüstet mit den Studios und der Technik. Ihr habt verschiedene Kameras und man kann die Realität wunderbar darstellen. Aber natürlich finden in der Realität auch Interviews in den jeweiligen Firmen vor Ort statt, beispielsweise für kurze Nachrichten O-Töne. Dann reicht auch ein Konferenzraum. Ich komme dann mit Kameramann- oder frau und dem technischen Equipment dort hin und kann dann auch ein wunderbares Training machen.

Und dabei zeichnest du dann alles auf und spielst es danach vor, um die Fehler aufzuzeigen? Stelle ich mir das richtig vor?

Genau, wir zeichnen das auf und dann sieht der Teilnehmer selbst, wie er kommuniziert. Es geht um drei Achsen: Den Inhalt, die nonverbale Kommunikation – also etwa die Körpersprache, die Kleidung oder den Hintergrund – und die paraverbale Kommunikation. Das sind so Dinge wie die Modulation der Stimme, die Artikulation oder Pausen. Das analysieren wir und es gibt ein Feedback und immer eine Handlungsempfehlung. Danach wird die Aufnahme gelöscht. Das Training ist immer ein geschützter Raum, das ist mir wichtig.

Das ist ja doch ein recht großer Aufwand. Führungskräfte haben aber eigentlich nie Zeit und sind gestresst. Nun sollen sie sich bei dir auf die Schulbank setzen. Stößt du da auch auf Chefs, die eigentlich gar keine Lust auf das Training haben und auch so gar nicht einsehen, warum sie das jetzt machen sollen?

Nein, die Zeit ist inzwischen vorbei. Das war vielleicht vor einigen Jahren noch so. Mittlerweile sehen die Chefs den Mehrwert. Das Problem ist eher, dass Führungskräfte oft keine Zeit haben. Bei vielen merke ich, wenn sie ankommen, dass sie im Kopf noch in einem ganz anderen Thema sind. Die muss ich erstmal ein bisschen abholen. Ich bin dann auch erstmal einfach Gastgeber.

Apropos Zeit. Wie lange dauert es denn, einen Manager fit für die Arbeit mit Medien zu machen? Kannst du das in Stunden, Tagen oder Wochen ausdrücken?

Nicht wirklich, weil die Leute ja auch unterschiedlich sind. Ich will auch kein Riesen-Paket verkaufen, sondern man fängt einfach mal an und entscheidet dann, wie es weitergeht. Manche Führungskräfte habe ich schon zum vierten oder fünften Mal im Training. Es gibt dann Update-Trainings. Ich analysiere echte Interviews, die sie in der Zwischenzeit gemacht haben und dann entwickelt man das nach vorne. Je nach Fähigkeiten kann auch ein Training reichen. Ich würde aber immer empfehlen zumindest noch ein Monitoring vom ersten „echten“ Interview zu machen. Danach gibt es dann eine konkrete Empfehlung.

Ich bin natürlich auch ein bisschen neugierig. Du machst das schon so lange – und triffst dabei die unterschiedlichsten Persönlichkeiten. Was war das Netteste, Lustigste oder Interessanteste was dir widerfahren ist bisher?

Eine lustige oder eher vielleicht peinliche Geschichte habe ich. Eine Führungspersönlichkeit aus der Wirtschaft musste während des Trainings mal auf die Toilette. Als er wiederkam, war sein Anzug vorne an prägnanter Stelle nass. Das war beim Händewaschen passiert. Er hatte den Hahn zu stark aufgedreht. Aber so etwas kann in echt auch passieren. Deshalb haben Profis zum Beispiel ein zweites Hemd dabei. Er hat sich dann einfach trockengeföhnt.

Ja, der Tomatenfleck auf dem Hemd, wer kennt ihn nicht? Aber sag mal, kann eigentlich jeder die Arbeit vor der Kamera lernen?

Ich behaupte ja! Das ist ein bisschen Training, ein bisschen die Regie in die Hand nehmen und verstehen, wie das funktioniert. Ja, das kann man definitiv lernen.

Und natürlich braucht es dafür ein richtiges Training. Aber um schonmal einen kleinen Vorgeschmack zu geben: Hast du einen richtig wertvollen Tipp für die Medienarbeit von Führungskräften?

Ja! Die Regie selbst in die Hand zu nehmen. Das bedeutet eine gute Vorbereitung, sich am Set auch mit einbringen, dadurch die Nervosität abzubauen und den Journalisten klarzumachen, dass man auf Augenhöhe ist. Und: Bitte NIE zu Hause vorm Spiegel üben, sondern vorm Smartphone. Vorm Spiegel funktioniert das nicht, weil man sich schon währenddessen analysiert. Ansonsten: Monitoring, auf die eigenen Mitarbeiter hören und sich trainieren lassen.

Karen Just, Account Management, Akquise, Kommunikationstraining, Medientraining, Seminare, Training, hbw Haus der Bayerischen Wirtschaft

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Janina Singer im Gespräch mit Medienexperte Markus Sturm

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